Queen Mathilde
Zu den wichtigsten Favoritinnen in Big Air und Slopestyle gehört die Schweizerin Mathilde Gremaud.
Im März führen die Freestyler auf Skis und Snowboards ihre Weltmeisterschaften im Engadinn durch. Zu den wichtigsten Favoritinnen in Big Air und Slopestyle gehört die Schweizerin Mathilde Gremaud. Sie gewann Olympia und die X-Games, die Weltmeisterschaften und den Gesamtweltcup. Im Skiservice Magazin spricht sie darüber, wie der Olympiasieg ihr Leben verändert hat und warum sie sich im Engadin immer ganz klein fühlt.
Wenige Monate vor der Freestyle-WM im Engadin ist Mathilde Gremaud das Mass aller Dinge: Im Oktober gewann die 24-jährige Fribourgerin in Chur den Weltcupauftakt im ”Big Air” und setzte ihre Siegesserie des Vorwinters fort. Nach einer brillianten Saison hatte sie mit dem Gewinn der Kristallkugeln für Big Air, Slopestyle und den Gesamtweltcup ,ein deutliches Ausrufezeichen gesetzt. «In der letzten Saison hatte ich mich auf die Kristallkugeln konzentriert,
denn es gab keine Weltmeisterschaften oder Olympische Spiele», erzählt sie. Vor allem der Sieg im Gesamtweltcup freute sie, denn die Weltcups der einzelnen Disziplinen hatte sie schon genauso gewonnen wie Weltmeisterschaften, X-Games und Olympische Spiele.Um über einen gesamten Winter bei den Allerbesten zu sein, brauche es eine starke Basis, sagt sie: «Etwas Glück gehört natürlich auch dazu. Aber die Basis für eine solche Saison legt man sich über mehrere Jahre zu.» Die körperliche Fitness, eine perfekte Materialabstimmung für verschiedene
Schneebedingungen und viel Trainings- und Wettkampferfahrung gehören genauso dazu wie die mentale Stärke, sich selbst einen Sieg zuzutrauen. «Auch die Tagesform muss stimmen. Sehe ich einer Gegnerin an, dass sie keinen guten Tag hat, ist das für mich keine Freude. Es erinnert mich daran, dass auch meine Tagesform und mein Karma sich jederzeit
ändern können.»
Mit ihren 24 Jahren ist sie vom Talent zum Champion gereift. «Früher nutzte ich einfach mein Talent. Der Sport fühlte sich nie wie Arbeit an. Ich liess dem Flow seinen Lauf», erinnert sie sich. Im Sommer vor den Olympischen Spiele von Peking schlug sie dann ein anderes Kapitel auf: «Ich begann, hart zu arbeiten; auf dem Schnee und ausserhalb. Talent ist gut – aber in die Weltspitze kommt man nur mit viel Arbeit. » Der Erfolg gab ihr Recht: In Peking gewann sie Gold im Slopestyle. «Der Olympiasieg brachte eine Veränderung in mein Leben», sagt sie über ihren bisher grössten Erfolg. «Seither ist viel passiert. Türen gingen auf, die früher verschlossen waren und man hat begonnen, mir besser zuzuhören. » In ihrem Sport ist Mathilde eine Königin, in ihrem Leben gibt sie sich aber bescheiden: «Ich brauche nicht viel, um glücklich zu sein. Gutes Essen, ein gutes Bett und etwas Sport. Manchmal sind es die ganz kleinen Dinge, die mir
Freude machen. Wenn ich etwas male, etwas lese oder mein Gehirn trainiere.»
Mathilde kann von ihrem Sport gut leben, auf dem Olympiasieg ausruhen kann sie sich aber nicht. «In unserem Sport mit seinen jungen Fans wird von den Athletinnen und Athleten
auch ausserhalb der Trainings und der Wettkämpfe viel verlangt.» Gremaud spielt die Präsenz in den sozialen Netzwerken an. Ständig erreichbar zu sein und beobachtet zu werden, kann
auch zur Belastung werden. So machte Mathilde zusammen mit Teamkolleginnen im Sommer 2023 eine ganz besondere Pause. Auf einem Segelboot kreuzten sie zehn Tage lang
durch einsame Fjorde in Spitzbergen – mitten im Polarmeer. Wo der Schnee bis ans Meer kam, gingen sie an Land und machten Skitouren. Neben der Erfahrung in der Natur genossen
sie es vor allem, längere Zeit ohne Handy zu sein. Auch sonst sucht Mathilde immer wieder die Abwechslung von ihrem Leistungssport: «Im letzten Winter fuhr ich auch neben dem Park sehr viel Ski und machte Skitouren. Und nach der Saison unterrichtete ich in Whistler kleine Kids, in ihrem Summercamp. Das waren tolle Wochen nur mit Mädchen, Sport und Spielen. Es hat mir gutgetan.»
Dass auch eine Olympiasiegerin nicht endlose Energie hat, lernte sie nach ihrem Triumph in China: «Die Goldmedaille gab mir eine enorme Aufmerksamkeit in den Medien. Ich
wurde interviewt und zu Anlässen eingeladen. Das war eine sehr schöne Erfahrung. Erst als der Rummel vorbei war, merkte ich, wie viel Energie mich das alles gekostet hatte», sagt Mathilde nachdenklich. «Jeder Auftritt und jedes Interview sind auch mit Emotionen verbunden und der Rummel nach Olympia ging bis tief in meine Pause nach der Saison. Trotzdem trainierte ich im Sommer wie immer. Nach dem nächsten Saisonstart merkte ich dann, dass ich mir zu viel
zugemutet hatte und musste eine Pause einlegen. Ich hatte meine Batterien zu sehr geleert.»
Gäste und Einheimische im Engadin können sich auf grosse Auftritte von Mathilde freuen: In der zweiten Märzhälfte wird sie im Corvatsch Snowpark und an der Olympiaschanze zu
den ganz grossen Favoritinnen um die Weltmeisterinnentitel zählen. «Ich freue mich sehr auf die spezielle Atmosphäre im Engadin. In diesem Park bin ich meinen ersten Weltcup gefahren.
Hier und vor dem heimischen Publikum eine Weltmeisterschaft zu fahren, ist für mich schon etwas Besonderes. » Der Park auf dem Corvatsch gehört zu den besten der Welt. Am Engadin gefällt Mathilde aber auch die Landschaft und die Natur: «Natur bedeutet Leben», sagt sie. «Im Engadin sind die Berge so gross. Und ich bin daneben so klein.»